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Jo - Wie isset so in Vietnam ?

Drei Wochen Fernost mit Susi und Michael

Ha Long Bucht

Etwa drei Autostunden von Hanoi entfernt liegt eine Reihe von Küstenabschnitten mit hunderten von markanten Kegelfelsen, darunter auch die Halong Bucht.

Bekannt war die Halong Bucht schon, bevor es Social Media gab, denn hier wurden 1997 Szenen von "Tomorrow Never Dies" mit Pierce Brosnan gedreht. Besser gesagt: sie sollten dort gedreht werden. Die vietnamesische Regierung war damals noch nicht gut auf die Amis zu sprechen  - wer könnte es ihnen verdenken?- und verweigerte die Genehmigung, woraufhin das Filmteam nach Thailand und auf die Philippinen weiterzog. Die Produzenten von "Indochine" dagegen nutzten ein paar Jahre vorher definitiv die grandiose Kulisse.

Der Fährhafen, an der unsere Ha Long Mini Cruise beginnen soll, ist seit einigen Jahren durch eine Brücke ans Festland angebunden, das erübrigt die Pendelfähre und erleichtert den Transport enorm.

Aber nicht nur für uns Touristen ist die Brücke gedacht gewesen, sondern auch für Baumaterial aller Art.

Als das Wasser in Sicht kommt steigt zwar die Vorfreude, aber es setzt auch das große Kopfschütteln ein - angesichts der kilometerlangen Bauruine rund um die Bucht. Von weitem sehen viele der 3-6geschossigen Blocks bezugsfertig aus, aber bei genauerem Hinsehen stellen wir fest: hier hat bestimmt in den letzten Jahren niemand Urlaub gemacht. Es sind locker tausende Wohneinheiten, die hier leer vor sich hingammeln. Kein schöner Anblick für die Besucher dieser weltberühmten Bucht.

Die Regierung hatte hier wohl Großes vor. Schon auf dem Weg hierhin sahen wir in der Ferne die Ansätze der Hochgeschwindigkeits- Bahntrasse Hanoi - Halong. Innerhalb von 60 Minuten sollten die gut 150 km zurückgelegt werden. Ein paar Brücken stehen auch schon, aber so wie es aussieht, wird dort nie ein Zug fahren. Schon 2010 wurde das Projekt eingestellt, und laut unserem Experten Nam wird hier auch nicht mehr weitergebaut. Dem internationalen Flughafen HaLong gleich hier um die Ecke erging es da besser, denn er wurde letztes Jahr nach zehnjähriger Bauzeit eingeweiht.

Alles nicht unser Problem. Wir blicken voraus und in die Ferne. Als "Privatgruppe" von zwei Personen gelten wir hier wohl als besonders reich. Wir reisen in unserer eigenen Limousine mit Fahrer an. Unsere Koffer sind von zahlreichen fleißigen Armen längst Richtung Schiff verladen worden. Im Gegensatz zu anderen Ländern halten die Bediensteten nicht sofort die Hand für Tips auf. Trinkgelder sind in diesem Land nicht üblich (wohl aber eine automatische "Service charge" von 5-10% in den Hotels). Trotzdem sind die Kofferträger, Fahrer, Kellnerinnen, Tischabräumer, Türaufreißer, Reinigungsdamen, Reiseleiterinnen und Reiseleiter aufrichtig dankbar für jede Extrazahlung, denn davon leben sie. Die Standard- Entlohnung für Reiseleiter etwa, so verrät uns Nam, reiche nicht zum Leben. Frau und Kinder müssen mitarbeiten.

Unser Bötchen mit ca. 35 Menschen an Bord schippert los und bahnt sich den Weg durch etwa hundert weitere größere und kleinere Boote, die ebenfalls in See stechen. Ganz schön viel los hier, trotz Nebensaison. Wir wagen gar nicht, uns vorzustellen, wie es hier im Januar aussieht. Unser allwissender Nam sprach von bis zu 500 Booten, die hier unterwegs sind. Wenn jetzt auch noch das  Konzept des Ausbaus zum Resort aufgegangen wäre, dann gäbe es vermutlich mehr Schiffe als Wasser.

So aber sind wir schon nach einer halben Stunde fast allein auf dem Wasser. Es scheint doch genug Platz für alle zu geben. Vom Bett unserer Kabine aus beobachten wir die fabulöse Inselwelt, die  fast lautlos an uns vorbei zieht, denn das Schiff hat einen sehr leisen Motor.

Schön.

Reicht eigentlich schon: Der Blick, das Wetter, die Klimaanlage, die gefüllte Minibar... Aber wie das so ist bei so einer Kreuzfahrt: der Veranstalter hat ein Programm vorbereitet.

Am heutigen Nachmittag geht es erst zum Baden an einen Inselstrand. Badesachen mitnehmen. Ok. Machen wir, nehmen wir mit. Das Boot umkurvt eine dieser kegeligen Inseln - da kommt die Anlegestelle in den Blick. Bestimmt zehn Tour-Anbieter haben schon ihre Touristenladung ausgespuckt, so dass wir Mühe haben, an Land zu kommen. Der Strand ist klein, der flache Teil des Ufers ist kurz. Die meisten Besucher können offensichtlich nicht schwimmen, so dass sich dort fast flächendeckend mehrere hundert Menschen in großen Trauben (für die Selfies) zusammenknubbeln.

Hier ist definitiv das Limit erreicht. Wir sind dann mal kurz  "hinten", oder "im Tiefen", da ist es fast menschenleer. So. Mal drin geschwommen in der berühmten Halong Bucht - und wieder raus. Man könnte die Zeit bis zur Abfahrt schön im Schatten sitzend verbringen, aber überall, wo Schatten ist, stehen Bezahl- Sonnenliegen. Blöd.

Auch die anderen Passagiere unseres Bootes sind genervt. Viele erscheinen später gar nicht mehr zum zweiten Ausflug des Nachmittags zu einer Austernfarm und zum Paddeln. Vielleicht sind aber auch die 38 Grad Lufttemperatur schuld, die sich mit Air Condition wesentlich besser aushalten lassen.

Selbst nach Sonnenuntergang ist es noch muckelig, aber als der Vollmond die ganze Szenerie auch noch effektvoll beleuchtet, müssen wir uns dieses Gesamtkunstwerk der Natur vom Oberdeck aus ansehen. Cocktails dazu, leichte Luftbewegung - so lässt es sich so gerade eben ertragen.

Am nächsten Tag is nix mit Ausschlafen, denn frühmorgens steht schon die "Surprise Cave" auf dem Programm. OK, den Sonnenaufgang hätten wir eh verpasst. Es gibt nur ein kleines Tässchen grausig schmeckenden Vietnam-Kaffees und ab geht's mit einem kleinen Beiboot zum Cave-Anleger.

Den Eingang der Höhle hat Mutter Natur, Lady Buddha oder wer auch immer allerdings in die Höhe verlegt - gut 150 Stufen trennen uns. Normalerweise machbar, wäre da nicht schon wieder unsere Freundin, die Äquatorsonne, die noch früher aufgestanden ist als wir. "Heute geb' ich alles" scheint ihr Motto für den Tag zu sein. 150 Stufen später, per  Gänsemarsch geschafft, nicht mal halb neun, kurz vor dem Herzstillstand, den Kaffee ausgeschwitzt im T Shirt (und an anderen Stellen, deren Beschreibung wir dir, liebe Leserin und lieber Leser hier ersparen)... da ist es an der Zeit, zu fragen, was zum Teufel wir hier eigentlich gerade machen.

Die Antwort liefert Lady Buddha. Die Höhle ist doppelt so groß wie das Fortuna Stadion und dann doch die Anfahrt wert.

Das war schon die letzte Aktion der Minikreuzfahrt, abgesehen von einem nachgeholten Frühstück / Brunch. Kaum werden wir an Land gespült, sind unsere Koffer schon verladen und unser Michisusimitsubishi Shuttle steht bereit. Es geht zum Flughafen Hanoi und dann weiter nach Hue.

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