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Jo - Wie isset so in Vietnam ?

Drei Wochen Fernost mit Susi und Michael

Stadtmarkt oder Marktstadt?

Mit der etwas brachialen Architektur der kommunistischen 70er sind wir ja schon einmal konfrontiert worden. In Ho-Chi-Minh-Stadt gibt es davon auch einiges zu besichtigen. Allerdings haben auch die Kolonialherren aus Frankreich ihre Spuren hinterlassen. Für uns Europäer sehen die Gebäude der Franzosen irgendwie gelungener aus, als das, was die meisten Vietnamesen hier toll finden. Da unser Guide überraschenderweise Vietnamese ist, geht es heute morgen als erstes zum Palast der Wiedervereinigung.

 

Er sieht ein wenig so aus wie die Hotels auf Kuba, fällt uns spontan ein, als wir vor dem Haupteingang stehen, um auf die Tickets zu warten, die unser Guide freundlicherweise für uns organisiert. Ein Hauch von Palast der Republik weht uns auch entgegen, als wir die Tür passieren.

Für die Vietnamesen war die Wiedervereinigung, die hier im Haus besiegelt wurde,  natürlich eine große Sache. Bestimmt ist sie so bedeutsam wie die deutsche, aber es fällt uns doch schwieriger als gedacht, uns für die Mischung aus 60er Jahre Plüsch und DDR Charme zu begeistern. Hinzu kommt, dass es schon empfindlich warm ist, um gerade mal 9:30 Uhr. Der fünf oder sechsstöckige Bau hat zudem einen viel zu kleinen Aufzug für all die Menschen, die hierfür schon unterwegs sind. Notgedrungen müssen wir die Hintertreppe benutzen

Als wir dann Bilder von einem eleganten kolonialPalast sehen, der bis in die frühen 60er an der selben Stelle gestanden hat, ist es mit dem Respekt für sozialistische Architektur vorbei.

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Hauptsache Hauptstadt

Nur ein knappes Stündchen in der Luft und schon eröffnet sich eine neue Welt.Mag sein, dass wir ein wenig zu lange den relativ geordneten Verkehr auf den Straßen von Hoi An genossen haben. So ist es zu erklären, dass wir uns an die Zustände in der alten Hauptstadt des Südens Saigon / Ho Chi Minh City erst wieder einmal gewöhnen müssen - sofern das überhaupt möglich ist. Zwölf, dreizehn, vierzehn Millionen Einwohner - so genau weiß das niemand - und kein funktionierender öffentlicher Nahverkehr. Wie sollen die Leute aus den ausufernden Vorstädten zu ihren Arbeitsstellen in die Innenstadt kommen?

 

Lieber Leser, liebe Leserin  dieses Reiseblogs: du kennst die Antwort.  Jeder Einwohner scheint mindestens ein, vielleicht sogar zwei Mopeds zu haben, die er auch ausgiebig benutzt. An einigen Stellen hat die Administration reagiert und zwei von sechs Fahrspuren für Zweiräder reserviert. Schilder drohen den Autofahrern mit siebenstelligen Geldstrafen, sollten sie sich erdreisten, diese Spuren zu befahren. So richtig abschrecken scheint das aber nicht zu sein, denn auch unser Chauffeur schiebt sich wacker zwischen die Scharen von Zweirädern und versucht, an dem zähfließenden Verkehr auf der Hauptstraße vorbeizukommen.

Gebucht wurde von der Agentur das Hotel Eden Saigon mitten in der Stadt. Der Name klingt ja schon verheißungsvoll, und dieser Eindruck setzt sich auch in der Lobby fort. Marmor Gold und Glitzer, fast wie im Fünf-Sterne Hotel. Vier sind es ja auch offiziell. Wir werden mit Getränken, Snacks und einem warmen Handtuch empfangen.

Das erste uns angebotene Zimmer kann dem Anspruch des Hotels - dem Namen nach soll es hier ja  "paradiesisch"  sein - allerdings nicht gerecht werden. Oder es bezog sich darauf, dass im Paradies wohl alle Lebewesen ihre Daseinsberechtigung hatten, inklusive dieser 8 bis 10 cm langen schwarzen Krabbeltiere. Klar sind das alles Gottes Geschöpfe, aber der liebe Gott hat den Tierchen sicher auch mit auf den Weg gegeben, doch bitte nicht in unserer Dusche zu nächtigen.

Liebe Leserin und lieber Leser, wir zeigen euch auch diesmal keine Details, sondern präsentieren lieber ein Bild unseres Duschkopfs, dessen Plastik-Anmutung sicherlich keine vier Sterne wert ist. Zudem ist das ganze auch so defekt, dass wir der Anlage kein Wasser entlocken können. Da der herbeigerufene Haustechniker nach zwei vergeblichen Reparaturversuchen auch nicht weiter weiß, erhalten wir ein neues Zimmer.

 Der Ben-Tanh Market wird uns als Hotspot fürs Abendessen empfohlen, aber wir scheinen wohl etwas spät zu sein, denn jetzt, so gegen 20 Uhr,  herrscht buchstäblich eine aufgeräumte Stimmung. Vielleicht haben wir auch den Hintereingang erwischt - auf jeden Fall wirkt dieser Teil der Markthalle mit seinen gekachelten Wänden und dem Duft von Fisch und Reinigungsmitteln wenig einladend. Buddha sei Dank zeigt uns unser Freund Google noch ein paar weitere Eateries an. Wir landen schliesslich im Soul Restaurant im zweiten Stock und werden landestypisch herzlich empfangen. Ein Touri Laden natürlich, aber da wir sowieso nicht so richtig vietnamesisch aussehen, ist das jetzt mal  egal. In luftiger Höhe können wir bei zwei, drei Tiger Beers und einem Glas passablen Rotweins dem unterhaltsamen Treiben auf Saigons nächtlichen Straßen widmen.

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Hoi An macht alle an

... und zwar alle Lampen, Lampions, Laternen, Lichterketten, Kerzen und was sonst noch so leuchtet. Dafür ist die Stadt berühmt. Das wollen die Touristen sehen.

Tagsüber ist das Städtchen ein verschlafenes Nest mit einigen hübschen Tempeln und vielen original erhaltenen und trotz häufiger Überflutungen bis heute genutzten Häusern. Bei Einbruch der Dunkelheit füllen sich die Straßen schnell und es herrscht dichtes Gedränge, insbesondere beiderseits des Flussufers.

Es gewinnt der Laden mit den meisten Lämpchen. Besonders chinesische Besucherinnen und Besucher stehen in großen Trauben vor den Restaurants und Souvenirshops und machen Selfies. Recht belebt und beliebt ist auch die schmale Brücke über den Fluss, von wo aus man ein Maximum an Beleuchtung sehen kann.

Am ersten Abend sitzen wir im Cargo Club Restaurant in der ersten Reihe direkt am Ufer und schauen uns das Treiben an. Wir wundern uns, dass dieser tolle Tisch noch frei ist, wissen aber nach einer Weile, warum. Keine Minute vergeht, an dem wir nicht gefragt werden, ob wir ein Armband, Tuch, eine Tüte Kekse, einen Küchenmagnet, noch ein Tuch, ein Seelenlämpchen für den Fluss, noch ein Armband, eine Postkarte  undsoweiter benötigen. Nach handgestoppten 20 Minuten haben wir etwa 15 Verkaufsgespräche absolviert und das Bier ist warm, denn auch wenn die Sonne nicht scheint, kommt man hier temperaturtechnisch kaum unter 30 Grad weg.

Die gesamte Szenerie ist aber so spannend und trotz der vielen Menschen so ruhig - entspannt (außer auf der Brücke), dass sich die vierstündige Anreise von Hue aus gelohnt hat.

Die Anreise ging über den "Wolkenpass" und über Da Nang mit seinen Marmorbergen. Mit der Überquerung des Passes sind wir jetzt offiziell im Südteil des wiedervereinigten Vietnams angelangt.

Während der Wolkenpass außer einer betagten Serpentinenstraße und einer passablen Aussicht auf die Strände nicht viel zu bieten hat, kommt Da Nang mit seiner Lage am Meer, mit tollen Strandpromenaden und einigen Wolkenkratzern modern daher. Schade allerdings, dass chinesischen und japanischen  Investoren hier in der kriegsberühmten Bucht  aus alter Freundschaft (oder aus Angst) offensichtlich freie Hand bei der Bauplanung gelassen wurde. Mehrere monströse Hotelkomplexe und kilometerlange unfertige Resorts zieren die Promenadenstraße. Schade, denn der Strand ist wirklich hübsch.

Umso paradoxer wirkt dieses Ensemble, wenn man sieht, mit welchen Mitteln Chinesen, Japaner und auch Vietnamesen hier versuchen, ihre blasse Haut vor der Sonne zu schützen. Trotz Temperaturen jenseits der 40 Grad marschiert man hier meist zugeknöpft und in voller Montur durch die Szenerie. Am besten noch zusätzlich mit Kapuze, großer Sonnenbrille und Retro-PCR Maske. Wer hier den Strand mit seinen Liegen und Cafés bevölkern soll, bleibt unklar.

Auf der langen Fahrt nach Hoi An kommen wir auch an einer Lagune vorbei, die idyllisch mit Fischerbooten besetzt ist. Ein Verkaufsstand, ein "Restaurant" (= 5 Plastiktische und eine Kühltruhe), ein Postkartenverkäufer ... da gehen wir doch lieber mal am Wasser schauen.

Am Ufer müssen wir uns erst einmal einen Weg durch Berge von Motorradreifen bahnen, die hier zu tausenden gestapelt sind und die Idylle gehörig stören. Idylle hin oder her - die Gummiwürste sind kein Recycling Orojekt, oder vielleicht doch, denn sie sind Teil der Meeresfrüchte-Industrie. Auch wenn es nicht besonders ästhetisch ist: die Lagunenfischer versenken die Reifen im Wasser, um auf ihnen Muscheln zu züchten. Da muss die Idylle halt warten.

Auf der Route nach Hoi An müssen wir auch mitten durch Da Nang, das sich heute als moderne Hafenstadt mit glitzernden Bürogebäuden und breiten Boulevards präsentiert. Ein kilometerlanger Sandstrand, eine neue Promenadenstraße, jede Menge Palmen, dreißigstöckige Hotels - Da Nang hat alles, um das Miami Beach des Fernen Ostens zu werden. Vorbei ist die Zeit, in der man beim Nennen der Stadt an die amerikanische Airbase dachte, an Agent Orange und Flächenbombardements. Der Flughafen ist heute ein wichtiger Teil des dichten vietnamesischen Regionalflugnetzes.

 

Bei der Vorbeifahrt an Betonskeletten gescheiterter Immobilienprojekte, an kilometerlangen Bauzäunen mit verwahrlosten Strandabschnitten bekommen w wir an diesem Teil der Bucht aber auch ein anderes Bild von Da Nang. Laut Auskunft unserer kundigen Expertin Phuong wurde halb Da Nang wegen Kapitalmangels an chinesische Investoren weitergereicht, die sich vor Corona die  besten Plätze gesichert hatten, jetzt aber ihrerseits in Finanznöte geraten sind.

Vor unserer Weiterfahrt machen wir noch einen schweißtreibenden Stopp an den Marble Mountains. Nie vorher was von gehört - beinahe wären die Marmorberge auch weg gewesen, denn Marmor ist der Stoff, aus dem Tempel und Buddha Statuen gemacht werden, wenn es kein Gips sein soll. Nachdem einige der Berge über Jahrhunderte hinweg so heftig von der Statuen-Industrie zerlegt worden sind, dass sie kaum noch erkennbar waren, hat man den Marmorabbau gestoppt. Folgerichtig sind die abertausenden von Statuen, die am Fuße des Berges in allen Größen feilgeboten werden auch aus Gips.

Der installierte Aufzug bringt uns zu einem Tempel auf halber Höhe. Den Rest des Berges stiefeln wir über endlose Treppen bis zur Hauptattraktion. Es ist eine Riesengrotte, in der heute Buddha verehrt wird, in der aber früher das Land verteidigt wurde. Trotz der mal wieder 40 Grad im Schatten hat sich der Aufstieg gelohnt.

Ob man sich angesichts des landesüblichen Verkehrschaos' auch mal selbst auf ein Zweirad setzen sollte? Für ein kurzes Stück Weges durch die Reisfelder von Hoi An sei das "nicht gefährlich", meint unsere kompetente Reiseleitung Phuong. Der Verkehr in der Kleinstadt Hoi An ist tagsüber wirklich nicht vergleichbar mit dem kontrollierten Chaos in Hanoi. Die Gefahr geht eher von den bedauernswerten Fahrrädern aus, die uns die Reiseagentur zur Verfügung stellt. Die Rahmenhöhe mag der vietnamesischen Norm entsprechen, ist aber für europäische Körper eine Herausforderung. Über die restliche Ausstattung des Drahtesel breiten wir hier den Mantel des Schweigens.

Schon bald erreichen wir die offene Prärie von Hoi An. Reisfelder, Wasserbüffel und Bewässerungskanäle säumen abwechselnd die kleinen Wirtschaftswege. Eine liebliche Landschaft - endlich mal ein anderer Anblick als die Straßenschluchten von Hue, Hanoi oder Singapur.

Die Fahrt endet auf einer kleinen Öko-Farm in Schrebergartengröße, wo wir - dank der Reiseagentur - schon erwartet werden. Den Ingwer-Minz Tee mit Basilikumsamen nehmen wir gern. Alles aus eigenem Anbau, ein Familienbetrieb, kein richtiges Gebäude, eher eine Art überdimensionierter Unterstand ohne Seitenwände, wegen der Belüftung.

Die Fahrradtouristen aus dem fernen Deutschland bekommen hier reichlich zu Essen, müssen bei einem Kurz-Kochkurs ihr Können als Köche unter Beweis stellen und erhalten als Dank noch eine Fußmassage. So viel Luxus gab's vorher noch nie. Fast. Zu allem Überfluss ist die Farm auch per Auto erreichbar. Unsere klimatisierte Limousine wartet schon auf uns und erspart uns die Rückfahrt per Rad - bei Gegenwind.

Das wars so weit aus Hoi An. Von Da Nang aus steuern wir jetzt per Kurzflug die alte Hauptstadt des Südens an. Saigon --- HCM City - wir kommen.

 

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Bei Kaisers

In Hue hat die US Army während des Krieges besonders heftig gewütet. Bei diversen Bombardements wurden die Zitadelle und der Jahrhunderte alte Kaiserpalast mit der "verbotenen Stadt" arg getroffen. Nur ein Bruchteil der originalen Gebäude sind noch vorhanden. Sie zeugen von der einstigen Pracht der Anlage. Wohn- und Arbeitsräume des vorletzten Kaisers und seines Hofstaates werden seitdem wieder aufgebaut, aber diese Aufgabe wird noch weitere Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Von vielen Gebäuden sind nur die Fundamente geblieben.

Der vorletzte Kaiser Vietnams war von der französischen  Besatzungsmacht geduldet und eingesetzt worden, da er anders als seine neun (oder mehr) Vorgänger gut mit den fremden Herrschern kooperiert hat. So richtig viel zu tun hatte er nicht, denn sein politischer Einfluss war gleich null. Als Teil einer uralten Tradition war seine Dynastie allerdings beim Volk beliebt. Die ganze Monarchie einzustampfen wäre für die Franzosen ein Leichtes gewesen, hätte aber sicher für Unruhe gesorgt.

So saß der Kaiser bis in die 1930er Jahre mit seinen ca. 500 Frauen in der Verbotenen Stadt und zeugte über die Jahre etwa 150 Söhne und Töchter. Seine Eunuchen rekrutierten die Damen aus der  Bevölkerung heraus, wobei sie  den "Frauengeschmack" des Kaisers immer im Blick haben mussten.

Unsere junge Reiseleiterin Phu rechnet vor, dass 150 Kinder bei 500 Frauen ja wohl ein bisschen wenig sei, vermutet, dass die Eunuchen nicht gut gearbeitet hätten und resümiert dann, dass das Kaiserleben doch auch anstrengend gewesen sein muss. Jo, Phu - das macht Sinn.

 

Hingekommen zu diesem schönen Platz waren wir übrigens mit dem Drachenboot, das uns etwa 20 Minuten über den Parfümfluss beförderte. Dieser Wasserlauf ist deutlich breiter als der Rhein, riecht aber auch nicht so wie er heißt. Früher muss das mal anders gewesen sein, als hier noch das in Europa begehrte Sandelholz transportiert wurde.

Wir dachten wir würden eines dieser Touristenboote nehmen, die wir schon am Ufer hatten liegen sehen, aber wir bekommen unsere eigenes privates Drachenboot. Nur wir zwei und Phu als Passagiere. Im Führerstand erkennen wir auch noch den Käptn des Unternehmens. Irgendjemand muss das Ding ja steuern.

Als Phu uns erzählt, dass dieses Drachenboot normalerweise als Zuhause für eine ganze Familie dient, schauen wir uns noch einmal genauer um. Und richtig: wir entdecken noch zwei Kinder und zwei Frauen, von denen eine das weibliche Familienoberhaupt zu sein scheint. Für die beiden leicht gebräunten Touristen und ihre kurze Fahrt haben sie quasi ihr Wohnzimmer hergegeben.

Da in Vietnam absolut jeder irgendetwas zu verkaufen hat, wird unsere ruhige und langsame Fahrt durch eine Verkaufsveranstaltung begleitet. Getränke nehmen wir gerne, Tücher und Schals haben wir aber schon. Einen Fächer haben wir seitdem wir in der Gegend sind schon etwa zweihundertfünfzig Mal angeboten bekommen. Diesmal greifen wir zu. Auch ein T Shirt, natürlich viel zu klein für ausgewachsene Europäer, wechselt den Besitzer. Egal. Wir zahlen umgerechnet sechs Euro für alles, inklusive Getränke und alle sind zufrieden.

In der City von Hue gibt es dunkle und schöne Ecken. Die  dunklen hatten wir schon am ersten Abend allein gefunden. Wir bahnten uns den Weg durch Scharen von Menschen, die zwischen Müll und Dreck in einer der vielen mobilen Sterßenrand-Garküchen auf winzigen Plastikhockern sitzend für umgerechnet 2 -3 Euro ein Dinner einnehmen. Unsere war's nicht.

Besser ergeht es uns im Anschluss an den Kaiser Besuch auf dem Hauptmarkt. Phu kennt sich in dem totalen Chaos (= unser Eindruck) bestens aus und schleust uns an großen Behältern mit obskurer roter Soße vorbei schräg durch die Plastikabteilung bis hin zum Gemüsestand ihrer Freundin. Gegenüber preist eine fast zahnlose Marktfrau ihren Zuckerrohrsaft an und wirft die Presse an, als wir uns nähern.

Sooo lecker ist das Zeug, dass wir an der nächsten Ecke direkt noch einmal eine Ladung nachlegen.

Ach, beim Khai Dinh Mausoleum waren wir ja auch noch. Einige der Fotos oben stammen bestimmt von dort. Langsam geht uns bei den zahlreichen Pagoden, Tempeln und Mausoleen der Überblick verloren.

Manche jugendliche Besucher finden es schick, sich wie der Hofstaat zu kleiden und sich dort am Originalschauplatz für Facebook und Instagram in Szene zu setzen. Dauert ewig.

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Ha Long Bucht

Etwa drei Autostunden von Hanoi entfernt liegt eine Reihe von Küstenabschnitten mit hunderten von markanten Kegelfelsen, darunter auch die Halong Bucht.

Bekannt war die Halong Bucht schon, bevor es Social Media gab, denn hier wurden 1997 Szenen von "Tomorrow Never Dies" mit Pierce Brosnan gedreht. Besser gesagt: sie sollten dort gedreht werden. Die vietnamesische Regierung war damals noch nicht gut auf die Amis zu sprechen  - wer könnte es ihnen verdenken?- und verweigerte die Genehmigung, woraufhin das Filmteam nach Thailand und auf die Philippinen weiterzog. Die Produzenten von "Indochine" dagegen nutzten ein paar Jahre vorher definitiv die grandiose Kulisse.

Der Fährhafen, an der unsere Ha Long Mini Cruise beginnen soll, ist seit einigen Jahren durch eine Brücke ans Festland angebunden, das erübrigt die Pendelfähre und erleichtert den Transport enorm.

Aber nicht nur für uns Touristen ist die Brücke gedacht gewesen, sondern auch für Baumaterial aller Art.

Als das Wasser in Sicht kommt steigt zwar die Vorfreude, aber es setzt auch das große Kopfschütteln ein - angesichts der kilometerlangen Bauruine rund um die Bucht. Von weitem sehen viele der 3-6geschossigen Blocks bezugsfertig aus, aber bei genauerem Hinsehen stellen wir fest: hier hat bestimmt in den letzten Jahren niemand Urlaub gemacht. Es sind locker tausende Wohneinheiten, die hier leer vor sich hingammeln. Kein schöner Anblick für die Besucher dieser weltberühmten Bucht.

Die Regierung hatte hier wohl Großes vor. Schon auf dem Weg hierhin sahen wir in der Ferne die Ansätze der Hochgeschwindigkeits- Bahntrasse Hanoi - Halong. Innerhalb von 60 Minuten sollten die gut 150 km zurückgelegt werden. Ein paar Brücken stehen auch schon, aber so wie es aussieht, wird dort nie ein Zug fahren. Schon 2010 wurde das Projekt eingestellt, und laut unserem Experten Nam wird hier auch nicht mehr weitergebaut. Dem internationalen Flughafen HaLong gleich hier um die Ecke erging es da besser, denn er wurde letztes Jahr nach zehnjähriger Bauzeit eingeweiht.

Alles nicht unser Problem. Wir blicken voraus und in die Ferne. Als "Privatgruppe" von zwei Personen gelten wir hier wohl als besonders reich. Wir reisen in unserer eigenen Limousine mit Fahrer an. Unsere Koffer sind von zahlreichen fleißigen Armen längst Richtung Schiff verladen worden. Im Gegensatz zu anderen Ländern halten die Bediensteten nicht sofort die Hand für Tips auf. Trinkgelder sind in diesem Land nicht üblich (wohl aber eine automatische "Service charge" von 5-10% in den Hotels). Trotzdem sind die Kofferträger, Fahrer, Kellnerinnen, Tischabräumer, Türaufreißer, Reinigungsdamen, Reiseleiterinnen und Reiseleiter aufrichtig dankbar für jede Extrazahlung, denn davon leben sie. Die Standard- Entlohnung für Reiseleiter etwa, so verrät uns Nam, reiche nicht zum Leben. Frau und Kinder müssen mitarbeiten.

Unser Bötchen mit ca. 35 Menschen an Bord schippert los und bahnt sich den Weg durch etwa hundert weitere größere und kleinere Boote, die ebenfalls in See stechen. Ganz schön viel los hier, trotz Nebensaison. Wir wagen gar nicht, uns vorzustellen, wie es hier im Januar aussieht. Unser allwissender Nam sprach von bis zu 500 Booten, die hier unterwegs sind. Wenn jetzt auch noch das  Konzept des Ausbaus zum Resort aufgegangen wäre, dann gäbe es vermutlich mehr Schiffe als Wasser.

So aber sind wir schon nach einer halben Stunde fast allein auf dem Wasser. Es scheint doch genug Platz für alle zu geben. Vom Bett unserer Kabine aus beobachten wir die fabulöse Inselwelt, die  fast lautlos an uns vorbei zieht, denn das Schiff hat einen sehr leisen Motor.

Schön.

Reicht eigentlich schon: Der Blick, das Wetter, die Klimaanlage, die gefüllte Minibar... Aber wie das so ist bei so einer Kreuzfahrt: der Veranstalter hat ein Programm vorbereitet.

Am heutigen Nachmittag geht es erst zum Baden an einen Inselstrand. Badesachen mitnehmen. Ok. Machen wir, nehmen wir mit. Das Boot umkurvt eine dieser kegeligen Inseln - da kommt die Anlegestelle in den Blick. Bestimmt zehn Tour-Anbieter haben schon ihre Touristenladung ausgespuckt, so dass wir Mühe haben, an Land zu kommen. Der Strand ist klein, der flache Teil des Ufers ist kurz. Die meisten Besucher können offensichtlich nicht schwimmen, so dass sich dort fast flächendeckend mehrere hundert Menschen in großen Trauben (für die Selfies) zusammenknubbeln.

Hier ist definitiv das Limit erreicht. Wir sind dann mal kurz  "hinten", oder "im Tiefen", da ist es fast menschenleer. So. Mal drin geschwommen in der berühmten Halong Bucht - und wieder raus. Man könnte die Zeit bis zur Abfahrt schön im Schatten sitzend verbringen, aber überall, wo Schatten ist, stehen Bezahl- Sonnenliegen. Blöd.

Auch die anderen Passagiere unseres Bootes sind genervt. Viele erscheinen später gar nicht mehr zum zweiten Ausflug des Nachmittags zu einer Austernfarm und zum Paddeln. Vielleicht sind aber auch die 38 Grad Lufttemperatur schuld, die sich mit Air Condition wesentlich besser aushalten lassen.

Selbst nach Sonnenuntergang ist es noch muckelig, aber als der Vollmond die ganze Szenerie auch noch effektvoll beleuchtet, müssen wir uns dieses Gesamtkunstwerk der Natur vom Oberdeck aus ansehen. Cocktails dazu, leichte Luftbewegung - so lässt es sich so gerade eben ertragen.

Am nächsten Tag is nix mit Ausschlafen, denn frühmorgens steht schon die "Surprise Cave" auf dem Programm. OK, den Sonnenaufgang hätten wir eh verpasst. Es gibt nur ein kleines Tässchen grausig schmeckenden Vietnam-Kaffees und ab geht's mit einem kleinen Beiboot zum Cave-Anleger.

Den Eingang der Höhle hat Mutter Natur, Lady Buddha oder wer auch immer allerdings in die Höhe verlegt - gut 150 Stufen trennen uns. Normalerweise machbar, wäre da nicht schon wieder unsere Freundin, die Äquatorsonne, die noch früher aufgestanden ist als wir. "Heute geb' ich alles" scheint ihr Motto für den Tag zu sein. 150 Stufen später, per  Gänsemarsch geschafft, nicht mal halb neun, kurz vor dem Herzstillstand, den Kaffee ausgeschwitzt im T Shirt (und an anderen Stellen, deren Beschreibung wir dir, liebe Leserin und lieber Leser hier ersparen)... da ist es an der Zeit, zu fragen, was zum Teufel wir hier eigentlich gerade machen.

Die Antwort liefert Lady Buddha. Die Höhle ist doppelt so groß wie das Fortuna Stadion und dann doch die Anfahrt wert.

Das war schon die letzte Aktion der Minikreuzfahrt, abgesehen von einem nachgeholten Frühstück / Brunch. Kaum werden wir an Land gespült, sind unsere Koffer schon verladen und unser Michisusimitsubishi Shuttle steht bereit. Es geht zum Flughafen Hanoi und dann weiter nach Hue.

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Literaten haben es schwer

Dass die Welt nicht nur aus Arbeitern und Bauern bestehen kann, hatte man in Vietnam schon begriffen, lange bevor die kommunistischen Machthaber hier das Ruder übernommen haben. Und letztere hatten es dann zwischenzeeitlich wieder vergessen oder wollten nichts davon wissen. Bereits im Jahr 1075 (so ungefähr) richtete man in Hanoi den sogenannten Literaturtempel ein. Hier wurden die reichen Söhne wichtiger Familien unterrichtet. Es war quasi die erste Universität des Landes. Immerhin war diese Institution über 800 Jahre in Betrieb, was man ihr heute nicht ansieht. Kein Wunder, wurde der Tempel im Indochinakrieg in den 1940er jahren arg ramponiert. Als der Krieg vorbei war, half die grande Nation Frankreich - der ehemaligen Gegner - beim Wiederaufbau, so dass die riesige Anlage heute in alter Pracht erstrahlt. Innenhöfe, Gärten, Schlafräume der Studenten - nach weiteren Renovierungen durch den vietnamesischen Staat ist alles wieder zu besichtigen.


Bis zu 30 Schüler bzw Studenten wurden hier jährlich im Geiste von Konfuzius unterrichtet bzw schafften ihren Abschluss. Das waren dann nicht mehr nur Adlige, sondern auch in der Bürgerschaft soll es den ein oder anderen schlauen Studenten gegeben haben. Die Abschlussprüfungen für Mediziner, Philosophen und andere geistige Größen sollen aber bis zum Schluss sauschwer gewesen sein. Musiker und Verbrecher durften übrigens nicht hier studieren. Interessante Kombination.

Ob es damals auch schon Klimaanalagen oder wenigstens Ventilatoren gab? Die Frage stellt sich fast zwangsläufig am heutigen Vormittag. Unser Hanoi Experte Nam hatte für heute "gutes Wetter" angekündigt. Ob die 36 Grad morgens vor 10 Uhr bei 80% Luftfeuchtigkeit unbedingt "gut" sind, ist bei uns Europäern keine Diskussion wert, denn die Antwort steht fest: nicht gut. Der Schweiß rinnt trotz schattiger Plätze in den Innenhöfen an Körperteilen hinab, die du, lieber Leser und liebe Leserin, gar nicht näher bezeichnet haben willst.

Der Literaturtempel erweist sich als Marathonbesichtigung. Immerhin ist das Gebäude einzigartig in Vietnam und gehört zu den größten Sehenswürdigkeiten des Landes. Nam kennt hier alle Steine persönlich, könnte die über 1306 Doctores per Handschlag begrüßen, deren Prüfungsergebnisse hier bis ins 18. Jahrhundert in Stein gemeißelt wurden und heute noch lesbar sind. Grundkenntnisse in Chinesisch vorausgesetzt.

Und weiter geht es zu Fuß durch die Stadt, zur einsäuligen Pagode, die ein Herrscher hat errichten lassen, aus lauter Dankbarkeit dafür, dass sich in Ermangelung eines männlichen Nachfolgers plötzlich der Himmel auftat und ihm von dort ein Baby angereicht wurde. Ein männliches dazu.



Am späteren Nachmittag treffen wir Nam erneut, diesmal an der Thé Huc - der Roten Brücke über den grünen See. Ho Guom, der "See des zurückgegebenen Schwertes" liegt mitten in Hanoi, ist enorm groß, war aber mal doppelt so groß, bis die französischen Besatzer Platz für ihre Avenues und Repräsentationsgebäude brauchten. Kurzerhand wurde die andere Hälfte zugeschüttet.

Die Farbsymbolik ist den Vietnamesen so wichtig, dass der Jammer groß war, als der See eines Tages die Farbe verlor. Deutsche Ingenieure legten den See in den 1980ern trocken und begrünten ihn dann irgendwie so, dass er bis heute grün geblieben ist. Passend zum benachbarten Tempel.

Vorbei am schönen Ngoc Son Jadetempel geht es zu einer weiteren Spezialität Hanois: dem Wasserpuppentheater.

Die etwa dreihundert Plätze sind zur Hälfte gefüllt, als die Musiker die  Bühne betreten. Die Show läuft  bs zu viermal am Tag, aber trotzdem entwickeln die Damen und Herren eine gewisse Spielfreude. Es erklingen traditionelle vietnamesische Instrumente - kann man sich trotz der exotischen Klänge auch als Europäer gut anhören.

Verstehen tun wir nix, aber immerhin liefern die Monitore eine englische Zusammenfassung der einzelnen Szenen. Es geht um so spannende Sachen wie "Szenen aus dem Landleben" (Bauer rettet Gänse vor dem hungrigen Wolf) oder einen Schwimmwettkampf. Die Musikerinnen und Musiker leihen den Holzpuppen ihre Stimme.

Die Bühne ist kniehoch geflutet. Hinter einem Bambusvorhang verstecken sich die Puppenspieler und lassen ihre bunt lackierten Charaktere an langen Stäben durchs Wasser flitzen. Das ist putzig anzusehen und das Publikum geht richtig mit - vorausgesetzt, es besteht Interesse.

Da gibt es auch Teens, die von der Familie mitgeschleppt worden sind. Für sie ist jedes Handy Browsergame interessanter, als die Holzpüppchen, und das zeigen sie auch ohne Scheu, obwohl es doch den ein oder anderen "Special effect" zu sehen gäbe. So ein Wasserdrachen kommt selbstverständlich nicht ohne Pyro aus. Jedenfalls wird gedaddelt, was das Display her gibt und die Oma daneben stört es nicht.

Die Puppenspieler selbst haben zwischendurch auch Rollen, für die sie ins Wasser steigen müssen. Auch sie haben wohl schon alle Arten von Publikum erlebt, machen auch weiter, als sich die Tür zum Auditorium öffnet und sich kurz darauf eine Busladung verspäteter Inder einen Weg zu den Plätzen bahnt. Über das Verhalten meist männlicher indischer Pauschaltouristen könnten wir hier noch einige Seiten füllen, breiten aber besser den Mantel des Schweigens drüber. Minutenlang wird geschoben, geräumt, gequetscht, diskutiert, bis jeder der etwa 50 Zuspätkommer im Dunkeln einen Platz gefunden hat.

Hat der Tourismus die Jahrhunderte alte Tradition des Wasserpuppentheaters gerettet? In Hanoi ist das sicher der Fall, denn es gibt dort gleich mehrere Theater dieser Art.

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Frühstück und endlich Vietnam

Mehr oder weniger aus Versehen haben wir das Frühstück im RISE Restaurant dazugebucht. Nomen est Omen, denn da wir heute früh weiterfliegen sind wir um 6.20 Uhr am Start . Es gibt so viele Leckereien zu essen, dass wir vermutlich jetzt noch da säßen, wenn uns nicht der Transport nach Vietnam davon abhielte.

Scoot Airways (watt?wer?) bringt uns nach dem vollautomatischen  Einchecken mit einem Flieger der Holzklasse in knapp vier Stunden vom Changi Airport nach Hanoi. Der Kontrast zwischen den beiden Städten könnte kaum größer sein - das merken wir schon auf der Transfer-Fahrt in die City. Die zahlreichen Fast-Kollisionen zwischen Auto, Mensch und Moppett (Leichtkraftrad) auf der halbstündigen Fahrt lassen unseren Chauffeur eiskalt.

Ohne Kratzer, aber mit leicht erhöhtem Blutdruck erreichen wir das Rex Hanoi Hotel. "Aussteigen geht hier nur auf der rechten Seite", klärt uns unser Guide Nam in passablem Deutsch auf. Ein Blick nach links gibt ihm Recht. Ein Lieferwagen hat beim Versuch, in die enge Straße abzubiegen, die Kurve nicht gekriegt und steht jetzt quer. Eine kleine ältere Frau, die ihr Fahrrad zu einem gefährlich schwankenden mobilen Obststand umgebaut hat, kommt mit ihrer kiloschweren Fracht nicht mehr duch. Diverse Scooter, kleine und größere Mopeds haben aber zwischen unserer linken Seite und dem Lkw noch eine Lücke entdeckt und rauschen zentimeterscharf an uns vorbei. Jetzt mal die Tür aufmachen ... das wäre ein Spaß. Also doch lieber rechts raus. Menschen, die ihrem Ärger wegen dieser Verkehrssituation Luft machen, findet man vergeblich. Dafür gibt es die Hupe.

Alle hupen. Immer. Roller überholt? Hupe. Fußgänger auf dem Zebrastreifen? Dauerhupe. Gegenspur nutzen, weil sie gerade frei ist? Kein Problem mit Hupe. Taxi biegt in der Kreuzung links ab? Lichthupe und Hupe. Trotzdem läuft der Verkehr nahezu unfallfrei ab. Darauf sind die Vietnamesen fast ein bisschen stolz.

Unser Führer Nam ist Mitte 50 und ein glühender Anhänger von Ho Chi Minh, wie vermutlich viele andere Vietnamesen seiner Generation auch. Die Legenden, die sich um den Staatsgründer ranken, kann er alle auswendig dahersagen, und das tut er auch. Und nicht nur das: er glaubt sie auch. In Hanoi wird ein ziemlicher Personenkult um ihn herum betrieben. Das brachiale Mausoleum, seine bescheidenes Büro, in dem "unser Ho" sich aufopferungsvoll um das Wohl des Staates gekümmert hat, seine drei Dienstlimousinen - von  Simca und Peugeot und schließlich seinen Leichnam als Mumie - all das sehen wir zusammen mit einigen tausend einheimischen Besuchern. Dieser letzte Anblick bleibt uns heute erspart, denn die Leichenkonservierer arbeiten hinter verschlossenen Mausoleumstüren daran, dass der seit 54 Jahren Verblichene ab August hier wieder in alter Frische besichtigt werden kann.

Nam führt uns nach intensiver Betrachtung diverser Pagoden in ein traditionelles Nudelrestaurant, wo wir eine Pho Suppe bekommen. In der Reisebeschreibung hörte es sich eher nach einer kulinarischen Tour durch die lokale Gastro-Szene an. Eins zu null für den Lyriker, der das Prospekt verfasst hat.

 

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Wer ist Millionär?

Heute wechseln wir das Hotel und ziehen ins Marina Bay Sands. Von diesem knapp 2600 Zimmer großen und 5 Milliarden US Dollar teuren Wahrzeichen der Stadt war hier ja schon mehrfach die Rede.

Schon beim Durchgehen blicken den beiden Flaneuren die Dollarscheine entgegen, denn das erste, was man von Hotel erreicht, ist die Shopping Mall mit dem Exklusivsten des Exklusivsten, das die Konsumwelt zu bieten hat. Marmor, Glas und Messing und vielleicht auch ein wenig Gold sind hier verbaut; dazwischen grinst immer mal wieder das Konterfei eines Sternekochs von den Multivisionswänden. Bei Gordon Ramsey wird schon fleißig gespachtelt und es gibt eine Warteschlange, in der überraschend viele Familien mit Kindern stehen. Besonders die Kleidung der Kinder ist oft so edel, dass der Wert eines Kinder T Shirts ungefähr dem Inhalt unseres Kleiderschranks entspricht. Also... fast jedenfalls.

2020 gab es in Singapur 160.000 US-Dollarmillionäre (darunter sicher auch ein paar Millionärinnen) - und 30 Milliardäre. Wir verkehren ja nicht in diesen Kreisen, haben also auch keinen Vergleich, ob das jetzt total schockierende Zahlen sind - zu Denken gibt uns dabei nur die Tatsache, dass Singapur flächenmäßig kleiner als Hamburg ist und dass rein rechnerisch jeder zwanzigste Einheimische, der uns hier über den Weg läuft, über mehr als 1 Millionen US Dollar Vermögen besitzt. Das erklärt einiges.

Vom Eingang des Marina Bay Sands an ist der Gast Familienmitglied, Freund - ja man würde fast sagen:  König. Jeder Mitarbeiter, vom Bellboy über den Türaufreißer bis hin zum Kofferbewacher und zur Check-in Lady freut sich über deinen Besuch, möchte wissen, wo wir in Singapur schon gewesen sind. Man plaudert übers Wetter, während die Kreditkarte für den Übernachtungspreis eingescannt wird. Die kostenlosen Wasserflaschen, die wir in der Warteschlange erhalten haben, dienen wohl dazu, die Kreditkarte zu kühlen.

Wir haben aber beschlossen, heute und morgen nicht übers Geld zu reden und so wandert die Karte leicht angeschmurgelt wieder zurück in die Geldbörse, zusammen mit der Zimmer Keycard.

Weil wir so nett sind, hat man uns ein Zimmer im 18. Stock mit Garden View klargemacht. Und das, obwohl die Agentur für uns nur maximal den 10. Stock vorgesehen hatte. He höher desto schöner - das gilt für die Zimmer und ihre Bewohner. Von daher hätten wir allerdings ein Zimmer in Etage 53 verdient gehabt.

Genau diese Etage ist auch die Heimat des berühmten Pools. 180 Meter lang, eingebettet in einen schönen Dachgarten und vier Bars. Die Getränkekellner sind fix, denn sobald wir eine Cabana ergattert haben, kommen schon die  ersten Bediensteten angeschlichen, freuen sich mit dir über das schöne Wetter (leichter Wind, 33 Grad Sonne), erkundigen sich, wie wir denn bisher so zufrieden sind mit unserem Aufenthalt, um dann schließlich die Getränkekarte zu überreichen.

Der Singapore Sling und der Pina Colada müssen noch warten, denn erst müssen wir rein ins Planschbecken und an den Rand waten und den irren Blick vom Beckenrand genießen.

Vor über drei Jahren haben wir beschlossen, irgendwann mal in diesen ikonischen Pool zu steigen. Jetzt sind wir drin und es fühlt sich seltsam an, plötzlich Teil dieser Bilder und Videos zu sein, die wir die letzten Jahre während unserer Reiseplanung  immer mal wieder online angesehen haben.

Ohne Unterstützung von Elly hätte es wohl auch noch länger gedauert mit dem Bad im Infinity Pool. Danke schön für das schöne Silberhochzeitsgeschenk.

 

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Alles Indien oder was?

Im Garten hinter dem Marina Bay Hotel war noch ein wenig Platz, den die Landschaftsarchitekten kreativ genutzt haben. Einen botanischen Garten mit See, möbliert mit Kunst aus aller Welt und zwei stadiongroße Treibhäuser gehören unter anderem zur Ausstattung. Zu finden sind hier auch die ziemlich bekannten "Supertrees": ein Dutzend Skulpturen aus Beton und Stahl, die mithilfe eines ausgeklügelten Bewässerungssystems zum Leben erweckt worden sind.

Den Weg zum "Supertree Grove" kannten wir ja noch von der schweißtreibenden Aktion gestern Abend. Heute Morgen ist es schon wieder fast 30 Grad, als wir uns die Anlage von oben ansehen wollen. In 30m Höhe gibt es den Skywalk , auf dem wenigstens ein lauwarm-föhniger Wind weht. Dafür muss man hier am Äquator schon mehr als dankbar sein.

Anschließend ist eine kurze Trinkpause im "Shaker Shack" angesagt. Hier machen sie Burger und allerhand Getränke aus Milch, Tee, Saft, Joghurt und Eis. Die Bestellungen funktionieren mit Beeper und Terminals. Die schon wartenden Großfamilienoberhäupter haben das gut raus und schleppen kurz darauf Berge von Fast Food in den hinteren Teil des Ladens. Wir halten uns lieber an die Servicekraft an der Bestelltheke. Sie benutzt das gleiche Bestellsysten, scannt die QR Codes und drückt die Knöpfe für uns. Ach sooo geht das!

Während der Wartezeit können wir uns unseren soziologischen Studien widmen. Viele Touristen, die wir hier sehen, stammen aus USA und Australien. Die Einheimischen erkennt man daran, dass sie mit Familie unterwegs sind.

Überhaupt scheint der Altersdurchschnitt deutlich niedriger zu sein, als in Europa, auch wenn hier der Schein zu trügen scheint, denn der Cloud Garden hat zum Start des Films Avatar 2 zum Familien-Event geladen. Für uns müssten die hineindekorierten  blaugrünen Püppchen aus dem Film nicht unbedingt sein, aber so kommen wir wenigstens  in den Genuss exklusiver Fotos.

Der Nachmittag ist schon so gut wie vorbei, da fällt uns ein: in Indien waren wir heute noch nicht. Drei MRT Stationen vom Hotel entfernt beginnt (noch) eine andere Welt. Man krabbelt aus dem Bahntunnel und bemerkt sofort, dass man Exot ist. 99% der Menschen, Shops und Restaurants sehen sehr subkontinental aus. Im Gegensatz zu Chinatown läuft das Leben hier nach anderen Regeln ab. Girlandenflechter, Buddhastatuenverkäufer, dazwischen ein heißer Wok und ein Schuhputzer - alle sitzen auf den Gehweg und gehen ihren Geschäften nach -aber höchstens bis 22.00 /22.30 Uhr. Dann machen auch die Garküchen im Hawker Center zu. Angesichts der hygienischen Zustände gehen wir zwei ymStraßen weiter und landen bei RW Selmors formidablem Straßenlokal, in dem aber mal so richtig die Kelle geschwungen wird.

Er hat Erbarmen und macht seine Gerichte für uns  nur "bisschen scharf". Für dieses gelbe Gemüsezeugs brauchen wir aber trotzdem einen halben Liter Tiger Beer Löschwasser.

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Glitzerglitzer Singapur

Der Singapurianer fährt mit Bus oder Bahn. Es gibt recht wenige Mopeds oder Roller. Auch die Menge an Fahrrädern ist zumindest in der Innenstadt überschaubar. Der ÖPNV funktioniert absolut zuverlässig und pünktlich. Was machen die zwei Touristen also mit dem angebrochenen Vormittag? Sie stürzen sich nach kurzer Rast ins Getümmel von Chinatown, immer auf der Suche nach flüssiger und fester Nahrung.

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Durch den Jetlag kommt der Hunger zu komischen Zeiten. Schlimmer ist der Durst. Bei 32 Grad und 95% Luftfeuchte steht das Trinkwasser, das hier ausschließlich in Plastikflaschen erhältlich ist, direkt wieder auf der Haut.

Selbst kochen tut hier offensichtlich niemand mehr. Warum auch? In Chinatown ist frisch gekochtes Essen für ein paar Dollar zu haben. Allein in im Lau Pa Sat Hawker Center (eine Art ChinesenFressmeile) hat der Hungernde die Auswahl zwischen bestimmt 80 verschiedenen Anbietern aus ganz Asien.

So ein Curry hat es in sich. Jetzt, mit vollem Bauch und nach etwas dringend benötigtem Löschwasser setzen wir uns Richtung Marina Bay in Bewegung, denn dort soll es kurz nach acht eine Wasser und Lichtshow geben. Die 1,5 km bis dort marschieren wir durch die glitzernden Wolkenkratzerschluchten von Downtown Singapur. Hier konnten sich wohl alle Star-Architekten dieser Welt verwirklichen.

Viele Gebäude haben eine Fassadenbegrünung oder schicke Balkone mit allerhand Busch- und Blätterwerk. Es scheint schick zu sein, sich auf diese Weise seinen eigenen Mini-Wald vors Bürofenster zu stellen.

Jetzt haben wir so lange für den Weg ans Ufer gebraucht, dass wir genau mit dem letzten Ton der Wassershow vor dem Marina Bay Sands Hotel eintreffen. Naja - die Show läuft später am Abend nochmal.

 Schon genug für den ersten Tag? Nö, wir haben noch Luft für eine kurze Licht Performance im Garden by the Bay. Dazu müssen wir das Hotelgebäude einmal durchqueren, um auf die Rückseite zu kommen. Ganz schön weit, wie wir feststellen, denn das Marina Bay ist riesig. OK., verständlich. Irgendwo müssen die 5 Milliarden US Dollar ja stecken.

Wir schaffen es so gerade eben, merken aber mal wieder: schnelle Bewegungen sind  hier einfach nicht angesagt. Die Sonne ist weg, es ist stockfinster, aber die 28, 29, 30 Grad sind noch da. Wir schauen uns die Lightshow bei den Supertrees an und klatschen uns ab: Top. Hat sich gelohnt.

Reicht für heute. Wir können die Zahl der Wasserflaschen kaum noch überblicken, die wir in ins reingeschüttet haben.

 

 

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