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Jo - Wie isset so in Vietnam ?

Drei Wochen Fernost mit Susi und Michael

Hoi An macht alle an

... und zwar alle Lampen, Lampions, Laternen, Lichterketten, Kerzen und was sonst noch so leuchtet. Dafür ist die Stadt berühmt. Das wollen die Touristen sehen.

Tagsüber ist das Städtchen ein verschlafenes Nest mit einigen hübschen Tempeln und vielen original erhaltenen und trotz häufiger Überflutungen bis heute genutzten Häusern. Bei Einbruch der Dunkelheit füllen sich die Straßen schnell und es herrscht dichtes Gedränge, insbesondere beiderseits des Flussufers.

Es gewinnt der Laden mit den meisten Lämpchen. Besonders chinesische Besucherinnen und Besucher stehen in großen Trauben vor den Restaurants und Souvenirshops und machen Selfies. Recht belebt und beliebt ist auch die schmale Brücke über den Fluss, von wo aus man ein Maximum an Beleuchtung sehen kann.

Am ersten Abend sitzen wir im Cargo Club Restaurant in der ersten Reihe direkt am Ufer und schauen uns das Treiben an. Wir wundern uns, dass dieser tolle Tisch noch frei ist, wissen aber nach einer Weile, warum. Keine Minute vergeht, an dem wir nicht gefragt werden, ob wir ein Armband, Tuch, eine Tüte Kekse, einen Küchenmagnet, noch ein Tuch, ein Seelenlämpchen für den Fluss, noch ein Armband, eine Postkarte  undsoweiter benötigen. Nach handgestoppten 20 Minuten haben wir etwa 15 Verkaufsgespräche absolviert und das Bier ist warm, denn auch wenn die Sonne nicht scheint, kommt man hier temperaturtechnisch kaum unter 30 Grad weg.

Die gesamte Szenerie ist aber so spannend und trotz der vielen Menschen so ruhig - entspannt (außer auf der Brücke), dass sich die vierstündige Anreise von Hue aus gelohnt hat.

Die Anreise ging über den "Wolkenpass" und über Da Nang mit seinen Marmorbergen. Mit der Überquerung des Passes sind wir jetzt offiziell im Südteil des wiedervereinigten Vietnams angelangt.

Während der Wolkenpass außer einer betagten Serpentinenstraße und einer passablen Aussicht auf die Strände nicht viel zu bieten hat, kommt Da Nang mit seiner Lage am Meer, mit tollen Strandpromenaden und einigen Wolkenkratzern modern daher. Schade allerdings, dass chinesischen und japanischen  Investoren hier in der kriegsberühmten Bucht  aus alter Freundschaft (oder aus Angst) offensichtlich freie Hand bei der Bauplanung gelassen wurde. Mehrere monströse Hotelkomplexe und kilometerlange unfertige Resorts zieren die Promenadenstraße. Schade, denn der Strand ist wirklich hübsch.

Umso paradoxer wirkt dieses Ensemble, wenn man sieht, mit welchen Mitteln Chinesen, Japaner und auch Vietnamesen hier versuchen, ihre blasse Haut vor der Sonne zu schützen. Trotz Temperaturen jenseits der 40 Grad marschiert man hier meist zugeknöpft und in voller Montur durch die Szenerie. Am besten noch zusätzlich mit Kapuze, großer Sonnenbrille und Retro-PCR Maske. Wer hier den Strand mit seinen Liegen und Cafés bevölkern soll, bleibt unklar.

Auf der langen Fahrt nach Hoi An kommen wir auch an einer Lagune vorbei, die idyllisch mit Fischerbooten besetzt ist. Ein Verkaufsstand, ein "Restaurant" (= 5 Plastiktische und eine Kühltruhe), ein Postkartenverkäufer ... da gehen wir doch lieber mal am Wasser schauen.

Am Ufer müssen wir uns erst einmal einen Weg durch Berge von Motorradreifen bahnen, die hier zu tausenden gestapelt sind und die Idylle gehörig stören. Idylle hin oder her - die Gummiwürste sind kein Recycling Orojekt, oder vielleicht doch, denn sie sind Teil der Meeresfrüchte-Industrie. Auch wenn es nicht besonders ästhetisch ist: die Lagunenfischer versenken die Reifen im Wasser, um auf ihnen Muscheln zu züchten. Da muss die Idylle halt warten.

Auf der Route nach Hoi An müssen wir auch mitten durch Da Nang, das sich heute als moderne Hafenstadt mit glitzernden Bürogebäuden und breiten Boulevards präsentiert. Ein kilometerlanger Sandstrand, eine neue Promenadenstraße, jede Menge Palmen, dreißigstöckige Hotels - Da Nang hat alles, um das Miami Beach des Fernen Ostens zu werden. Vorbei ist die Zeit, in der man beim Nennen der Stadt an die amerikanische Airbase dachte, an Agent Orange und Flächenbombardements. Der Flughafen ist heute ein wichtiger Teil des dichten vietnamesischen Regionalflugnetzes.

 

Bei der Vorbeifahrt an Betonskeletten gescheiterter Immobilienprojekte, an kilometerlangen Bauzäunen mit verwahrlosten Strandabschnitten bekommen w wir an diesem Teil der Bucht aber auch ein anderes Bild von Da Nang. Laut Auskunft unserer kundigen Expertin Phuong wurde halb Da Nang wegen Kapitalmangels an chinesische Investoren weitergereicht, die sich vor Corona die  besten Plätze gesichert hatten, jetzt aber ihrerseits in Finanznöte geraten sind.

Vor unserer Weiterfahrt machen wir noch einen schweißtreibenden Stopp an den Marble Mountains. Nie vorher was von gehört - beinahe wären die Marmorberge auch weg gewesen, denn Marmor ist der Stoff, aus dem Tempel und Buddha Statuen gemacht werden, wenn es kein Gips sein soll. Nachdem einige der Berge über Jahrhunderte hinweg so heftig von der Statuen-Industrie zerlegt worden sind, dass sie kaum noch erkennbar waren, hat man den Marmorabbau gestoppt. Folgerichtig sind die abertausenden von Statuen, die am Fuße des Berges in allen Größen feilgeboten werden auch aus Gips.

Der installierte Aufzug bringt uns zu einem Tempel auf halber Höhe. Den Rest des Berges stiefeln wir über endlose Treppen bis zur Hauptattraktion. Es ist eine Riesengrotte, in der heute Buddha verehrt wird, in der aber früher das Land verteidigt wurde. Trotz der mal wieder 40 Grad im Schatten hat sich der Aufstieg gelohnt.

Ob man sich angesichts des landesüblichen Verkehrschaos' auch mal selbst auf ein Zweirad setzen sollte? Für ein kurzes Stück Weges durch die Reisfelder von Hoi An sei das "nicht gefährlich", meint unsere kompetente Reiseleitung Phuong. Der Verkehr in der Kleinstadt Hoi An ist tagsüber wirklich nicht vergleichbar mit dem kontrollierten Chaos in Hanoi. Die Gefahr geht eher von den bedauernswerten Fahrrädern aus, die uns die Reiseagentur zur Verfügung stellt. Die Rahmenhöhe mag der vietnamesischen Norm entsprechen, ist aber für europäische Körper eine Herausforderung. Über die restliche Ausstattung des Drahtesel breiten wir hier den Mantel des Schweigens.

Schon bald erreichen wir die offene Prärie von Hoi An. Reisfelder, Wasserbüffel und Bewässerungskanäle säumen abwechselnd die kleinen Wirtschaftswege. Eine liebliche Landschaft - endlich mal ein anderer Anblick als die Straßenschluchten von Hue, Hanoi oder Singapur.

Die Fahrt endet auf einer kleinen Öko-Farm in Schrebergartengröße, wo wir - dank der Reiseagentur - schon erwartet werden. Den Ingwer-Minz Tee mit Basilikumsamen nehmen wir gern. Alles aus eigenem Anbau, ein Familienbetrieb, kein richtiges Gebäude, eher eine Art überdimensionierter Unterstand ohne Seitenwände, wegen der Belüftung.

Die Fahrradtouristen aus dem fernen Deutschland bekommen hier reichlich zu Essen, müssen bei einem Kurz-Kochkurs ihr Können als Köche unter Beweis stellen und erhalten als Dank noch eine Fußmassage. So viel Luxus gab's vorher noch nie. Fast. Zu allem Überfluss ist die Farm auch per Auto erreichbar. Unsere klimatisierte Limousine wartet schon auf uns und erspart uns die Rückfahrt per Rad - bei Gegenwind.

Das wars so weit aus Hoi An. Von Da Nang aus steuern wir jetzt per Kurzflug die alte Hauptstadt des Südens an. Saigon --- HCM City - wir kommen.

 

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